Sonntag, Juli 09, 2006

8. juli 2006. leipzig. fensterbankabende über der stadt


ich weiß jeden seiner gedanken, wenn sein blick sich an der weite festhält, die wolken über unseren köpfen fokusiert und das chaos der nacht zerschlägt. etienne und ich, wir sind zwei kleine punkte, die über den dächern der stadt sitzen und den abend einatmen, als würde nie wieder einer folgen, der so vollkommen ist, wie dieser. unsere köpfe sind müde und schwer, ich habe gerötete wangen von der nachmittagssonne. zwischen den häuserzeilen flimmert die warme nacht. lichtlanzen durchbrechen unsere blicke und gesichter. wir sind weit und tief und hell und endlos. heute gibt es kein gestern und kein morgen, kein vielleicht und mal sehn. in der großen eiche vor etiennes dachfenster haben sich unsere träume verfangen.

etienne legt sein gesicht in meine geöffneten handfächen. er hat tränen in den augen. über der stadt sitzen die wolken schwer auf den dächern. vielleicht wird es heute noch regnen, sage ich leise. zwischen uns ist musik und haut und mehr von all dem, das undefinierbar schön ist.

leipzig ist unser abenteuer. ein ort mit tausend farben. ein blinder morgen. ein wilder abend.

manchmal weiß ich nicht, warum ich immer wieder in diese stadt zurückkomme. ich renne durch die straßen, vorbei an den orten, die mir meine geschichten neu erzählen. die orte, an denen sich die gesichter der letzten jahre in den asphalt eingebrannt haben. ich sitze im café und setze das puzzle meiner heimatstadt neu zusammen. ein paar teile fehlen mir noch immer. die puzzelteile zu etiennes gesicht.

du bist schön und faszinierend, sagt er. seine finger zittern ein wenig. wir begeben uns jedes mal auf eine kleine zeitreise, die uns oft sprachlos macht. dann finden wir die vertrautheit wieder in den verstaubten alten kartons auf dem dachboden. ich glaube, in seinen großen augen findet die welt platz. wenn er keine angst davor hätte. ich glaube, wir sind eine verbindung aus zwei herzen, die im gleichklang der musik schlagen. und wir sind viel mehr, als worte sagen können. ich balanciere auf den saiten seiner lieder. manchmal kann er die gitarre nicht aus der hand legen. und an der zimmerdecke verschwimmen unsere schatten.

etienne und ich. musik und augenblick.
und weit hinten am horizont der neue morgen.
lass uns schlafen gehen, sagt er. ich sehe ihn an und wünsche ich mir oft das definieren zu können, was zwischen uns ist. einen namen dafür zu haben.


ich weiß nicht viel. ich weiß nur, dass wir frei sind.

the things we do just to keep ourselves alive. (dallas green)

(kopfgeräusche und herzflimmern, auszüge, juli 2006)

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Kein Wunder, dass ich beim letzten Durchfahren durch Leipzig nur an Fräulein Mirelle denken musste.
Aus berliner Sicht sind ja "Leipzig" und "Mireille" bald synonym.
Trotzdem Du Wahlberlinerin bist.
Bei so viel Schwärmerei sollte die Stadt mit den tausenden, dort endenden Gleisen Dich zur Kulturbotschafterin ernennen.
Bin immer wieder fasziniert von meinem Kugelschreiber, wo diese kleine leipziger Strassenbahn drin rumschwimmt - die solltest Du dann aus einem dekorativen Strohkorb an Kinder verteilen.
Schön.
(Auch wenn die dann in Erwartung einer Zuckerstange drauf rumkauen...)

frau.herz hat gesagt…

ach ja *schmacht*! mercy beaucoup liebe oigen! keine schlechte idee das mi der straßenbahn; die kommt bis jetzt in noch keiner geschichte vor...